Fotografia © Werner Huthmacher
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Erweiterung Pfahlbaumuseum Unteruhldingen

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Localització
Strandpromenade 6, 88690 Uhldingen-Mühlhofen, Germany
Any
2024

Es benötigt Wissenschaft und Fantasie, um herauszufinden, wie die Menschen in der Stein- und Bronzezeit lebten. Auf diese Kombination setzt das Pfahlbaumuseum Unteruhldingen am Bodensee seit über 100 Jahren. Und der Erfolg spricht bei Deutschlands ältestem archäologisches Freilichtmuseum für sich: Über 300.000 Besuchende jährlich zählt das Museum, das von einem privaten Verein getragen wird. Im Juni 2024 wurde der neue Erweiterungsbau eröffnet. Blickfänger des Holzbaus mit fast 1.300 Quadratmeter Nutzfläche ist ein offener Dachstuhl mit einer expressiven unterspannten Rahmenkonstruktion aus Brettschichtholz.

Mit der Erweiterung rüstet sich das 1922 gegründete Museum für die Zukunft. Seit über 100 Jahren bietet das Museum Einblicke in 3.000 Jahre Menschheitsgeschichte. Im Freilichtbereich lassen sich 23 der Stein- und Bronzezeit nachempfundene Pfahlbauten besichtigen. Der Neubau beherbergt nun ein modernes Besucherzentrum und eine neue Ausstellung zum UNESCO-Weltkulturerbe der Pfahlbauten. Die originalen Reste der Pfahlbauten befinden sich nur wenige Meter vom Museum entfernt unter Wasser. Hervorgegangen ist der Entwurf aus einem Wettbewerb im Jahr 2018, den unser Büro mit dem 1. Platz für sich entscheiden konnte.

Keimzelle des Entwurfs ist das Bild von einem Einbaum-Boot aus der Bronzezeit, das im Winter umgedreht an Land gezogen wird und einen Wetterschutz für darunter lagernde Objekte, wie etwa Werkzeuge, bietet. Mit dieser Metapher entwickelten wir ein Langhaus mit Satteldach, das wie ein umgedrehtes Boot Schutz für die Ausstellungsstücke bietet. Das Haus wurde in der Mitte, wo die Besucher aus dem Empfangsannex eintreten, verbreitert. An den großzügig verglasten Giebelseiten verjüngt sich hingegen das Bauwerk. Durch diesen geometrischen Kniff verdreht sich das offene Dachtragwerk und sorgt für eine faszinierende Symmetrie im Innenraum. Die Holzrahmen bestehen aus Brettschichtholzträgern aus unbehandelter heimischer Fichte im Abstand von je 1,60 Metern mit gekreuzten Unterspannungen. Von der Dachkonstruktion wurde mittels Zugstangen aus Stahl eine Galerie abgehängt, die weitere Ausstellungsflächen aufnimmt.

Der Neubau fügt sich harmonisch in die Umgebung der kleinen Bodenseegemeinde Uhldingen-Mühlhofen ein. Die städtebauliche Körnung und die Dachform lehnt sich an die umgebende Bebauung an der Seepromenade an. Der neue Haupteingang steht dabei prägnant und gut auffindbar am neu gestalteten Museumsvorplatz. Zur Seeseite ist das Gebäude etwas zurückgesetzt, um dort nicht die nachgebauten Pfahlbauten des Freilichtmuseums zu dominieren. Dadurch entstand zudem ein neuer, attraktiver Freibereich mit Terrasse am See.

Viele Bauteile des rund 45 Meter langen Erweiterungsbaus, der zum Großteil aus Brettsperrholz besteht, wurden vorgefertigt und ermöglichten so eine kurze Bauzeit von 18 Monaten. Errichtet wurde das Gebäude auf 81 Pfahlgründungen, die bis zu 20 Meter in den Seegrund reichen. Um die Fassaden optisch an die bis zu 100 Jahre alten Pfahlbauten des Museums anzupassen, wurde das Langhaus und das Empfangsgebäude mit vorvergrauten Kanthölzern aus langlebiger Lärche verkleidet. Die bronzefarbenen Fenster- und Öffnungsflügel fügen sich harmonisch in die zurückhaltende Fassade ein. Im Innenausbau dominiert das Material Holz: die Wandverkleidungen sind aus Weißtanne gefertigt, die Deckenflächen sind mit Holzakustikpaneelen belegt, der Bodenbelag auf der Galerie aus dunklerem Industrieparkett. Der helle Fußboden im Erdgeschoss besteht aus einem geschliffenen Estrich mit Zuschlägen vom sandigen Seeboden, der sich optisch angenehm in das Holzambiente einfügt.

Der Museumsneubau dockt an der Westseite direkt an den Bestand an, der die gesamte Haustechnik und auch die neu gestalteten Sanitärräume aufnimmt. So konnte die neue Ausstellungshalle nach dem Prinzip „Einfach Bauen“ in Low-Tech-Bauweise ausgeführt werden. Über großzügige Oberlichter wird die Halle mit ausreichend Tageslicht versorgt. Für einen positiven energetischen Effekt des gesamten Museums wurden im Zuge der Erweiterung auf dem Bestandsdach Photovoltaikflächen zur autarken Stromversorgung ergänzt. Eine Besonderheit beim Erweiterungsbau ist, dass unter dem Empfangsbereich zwei öffentliche Abwasserleitungen verlaufen. Daher wurde das Foyer nur mit untergeordneten Bauteilen überbaut, die bei Notwendigkeit in kurzer Zeit entfernt werden können.

Bereits mit dem Wettbewerb entwickelten wir einen zweiten Bauabschnitt östlich der jetzigen Erweiterung. Quasi als gespiegelter Zwilling soll dort zukünftig nochmals eine Ausstellungshalle, etwa für Sonderausstellungen, entstehen. Für die nächste Erweiterung wurde schon die Baugenehmigung erteilt, jedoch muss das von einem Verein getragene Museum erst die Finanzierung stemmen. In der Freiraumgestaltung ist die künftige Ergänzung bereits ablesbar.

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